Mit dem Kind die Sucht thematisieren
Es ist sehr wichtig, mit dem Kind über die Sucht seiner Eltern zu sprechen. So kann es die Situation besser ertragen, und Sie können ihm die Schuldgefühle nehmen. Es begreift, dass es für diese schwierige Situation, die es erlebt, nicht verantwortlich ist. Es erhält Raum, um seine Gefühle und sein Erleben zum Ausdruck zu bringen.
Dabei geht es darum, möglichst mit dem Kind zusammen herauszufinden, wie man über das «Problem» reden kann, ohne in die Details zu gehen. Passen Sie Ihre Wortwahl dabei dem Alter des Kindes an. Dazu helfen Ihnen unsere Praxistipps im Kasten unten.
Für das Gespräch sind folgende Punkte wichtig:
- Dem Kind erklären, was eine Sucht ist.
Sucht ist eine Krankheit, für die das Kind nicht verantwortlich ist. Unsere Rubrik zum Thema Sucht kann Ihnen dabei behilflich sein. - Dem Kind die suchtbedingte Unbeständigkeit seiner Eltern erklären.
Wegen seiner Krankheit ist der betroffene Elternteil manchmal nicht in der Verfassung, auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen, in anderen Phasen jedoch schon; manchmal ist er sehr wütend, manchmal sehr lieb zu ihm; manchmal vergisst er Termine, manchmal denkt er daran usw. - Ein Klima des Vertrauens schaffen.
Geben Sie dem Kind die Möglichkeit, über seine Gefühle, Ängste, Sorgen, Scham- und Schuldgefühle zu reden. Gefühle ausdrücken zu können gehört zum Lernprozess von Kindern. - Gesprächsbereitschaft zeigen und Ablenkung ermöglichen.
Zum Schluss des Gesprächs können Sie dem Kind sagen, dass Sie jederzeit zum Weiterreden da sind, wenn es das wünscht. Unternehmen Sie dann etwas mit ihm, damit es auf andere Gedanken kommt (Spaziergang, kochen, basteln usw.).
Wenn Sie das Schweigen rund um die Krankheit seiner Eltern brechen, fördern Sie die Vertrauensbeziehung mit Ihrem Pflegekind. Es weiss, dass es bei Bedarf mit Ihnen sprechen kann. Achten Sie aber darauf, dass das Thema im Alltag nicht zu viel Platz einnimmt damit es auch an andere Dinge denken kann. Andernfalls nehmen Sie mit Ihrer Bezugsperson, einer Fachperson für Kinderschutz oder einer Fachstelle Kontakt auf.
Und wenn das Kind nicht darüber spricht: wie reagieren?
Es gibt Kinder, die nicht über ihre leiblichen Eltern, ihre Beziehung und das damit verbundene Leiden sprechen wollen. Manchmal haben sie das Geheimnis der Sucht während langer Zeit gehütet und sind sich nicht gewohnt, darüber zu sprechen. Wenn es schweigt, heisst das also nicht, dass es nicht leidet oder keine Fragen hat. Es kann auch seine Art sein, die Eltern zu schützen und sich nicht einem Loyalitätskonflikt auszusetzen.
Es ist wichtig, dass Sie als Pflegefamilie respektieren, wenn das Kind nicht reden will, und ihm regelmässig Raum zum Gespräch bieten. Schlagen Sie dem Kind vor, mit Ihnen oder, wenn ihm das lieber ist, extern mit jemand von einem Fachdienst zu reden. Sie können auch ganz einfach und kurz sagen, wie Sie das erleben. Die eigenen Gefühle ausdrücken, trägt oft zu einem Vertrauensklima bei und kann den Kindern die Zunge lösen.
Wenn Sie das Schweigen des Kindes beunruhigt, reden Sie in jedem Fall mit Ihrer Bezugsperson oder der Fachperson für Kinderschutz.
Praxistipps
Hier ein paar konkrete Tipps, wie Sie mit Ihrem Pflegekind altersgerecht reden können:
- 0 – 6 Jahre
- 6-12 Jahre
- 12-18 Jahre
Mit etwa 4 Jahren kann ein Kind seine Gefühle genauer beschreiben.
Um das Kind bei der Verbalisierung zu unterstützen, können Sie den Gefühlskalender oder andere Gesprächshilfen verwenden.
Das können Sie dem Kind sagen:
- «Dein Papa / deine Mama ist krank, weil er/sie zu viel Alkohol trinkt / Mittel nimmt. Darum kann er/sie sich im Moment nicht um dich kümmern.»
- «Das ist nicht deine Schuld.»
- «Hier bist du in Sicherheit.»
Seine Wahrnehmung bestätigen:
- «Ich habe auch gemerkt, dass dein Papa / deine Mama heute komisch gesprochen hat…»
Ab etwa 6 Jahren kann es sinnvoll sein, für das Gespräch ein Symbol, ein Buch oder ein anderes Hilfsmittel einzusetzen. Das hilft dem Kind, sich vorzustellen, womit die Eltern konfrontiert sind.
Es ist wichtig, nachzufragen, ob das Kind das Symbol versteht. Dazu ist es hilfreich, es möglichst mit dem Kind zusammen zu finden.
Das können Sie dem Kind sagen:
- «Dein Papa / deine Mama ist krank und erlebt im Moment etwas Schwieriges.»
- «Die Krankheit von Papa/Mama macht, dass er/sie sich im Moment nicht um dich kümmern kann.»
- «Ich weiss, dass das auch für dich schwierig ist.»
- «Aber du musst wissen, dass das nicht deine Schuld ist.»
- «Dein Papa/ deine Mama ist krank, will Alkohol/andere Drogen krank machen.»
- «Du darfst darüber sprechen, wenn du willst; mit uns oder, wenn es dir lieber ist, mit jemand anderem.»
Seine Wahrnehmung bestätigen:
- «Ich habe auch gemerkt, dass dein Papa / deine Mamma heute komisch gesprochen hat…»
Das können Sie dem Kind sagen:
- «Wie du sicher schon weisst, hat dein Papa / deine Mama im Moment ein Suchtproblem und leidet unter Abhängigkeit. Das ist eine Krankheit.»
- «Wegen dieser Krankheit kann er/sie sich im Moment nicht um dich kümmern.»
- «Diese Situation ist für dich schwierig.»
- «Du bist keineswegs für diese Krankheit verantwortlich.»
- «Du darfst darüber sprechen, wenn du willst; mit uns oder, wenn es dir lieber ist, mit einer anderen Vertrauensperson.»
Seine Wahrnehmung bestätigen:
- «Ich habe auch gemerkt, dass dein Papa / deine Mama heute nach Alkohol gerochen hat…»