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Ein Mechanismus führt zum Kontrollverlust

Es gibt Produkte und Verhaltensweisen, die unser Hirn als Belohnung wahrnimmt. Die Person strebt nach diesem positiven Gefühl. Doch je mehr man konsumiert, desto schwächer wird die gesuchte positive Wirkung. Darum braucht es immer mehr Konsum: Man spricht von Gewöhnung. Der Konsum dient dazu, negativen Gefühlen auszuweichen oder stressige Situationen zu überstehen. Die Hirnfunktionen und -strukturen, die für Entscheidungen und Widerstand gegenüber Konsumdruck wichtig sind, verändern sich. Die betroffene Person setzt den Konsum trotz negativer Folgen fort, wie zum Beispiel gesundheitliche Probleme, Konflikte in der Paarbeziehung oder Entzug der Kinderbetreuung. Sie verliert die Kontrolle über ihren Konsum.

Sucht oder Abhängigkeit ist eine anerkannte Krankheit

Die entsprechende Diagnose beruht auf bestimmten Kriterien. Diese sind in den internationalen Klassifizierungssystemen für Krankheiten (DSM5 und ICD-11) enthalten.

Körperliche, seelische, soziale und wirtschaftliche Probleme können aber schon vor dem Verlust der Kontrolle über den Konsum auftreten. Man spricht von Konsum- und Verhaltensstörungen.

Wichtig: Oft bestehen bei suchtbetroffenen Menschen weitere psychische Erkrankungen oder Störungen. Dies nennt man Komorbidität.

Sucht hat viele Gründe

Sie hängt von folgenden Faktoren ab:

  • Von der Person, ihrer körperlichen und seelischen Befindlichkeit, ihren Ressourcen und persönlichen Risikofaktoren
  • Vom Umfeld, in dem sie lebt, vom Image des Produkts, von den Werten der Gesellschaft und der eigenen sozialen Gruppe
  • Von der Substanz und ihren Eigenschaften, von der Risikowahrnehmung und den Erwartungen, welche die Person an den Konsum, an das Verhalten hat.

Die Suchtursachen werden anhand eines bio-psycho-sozialen Modells erklärt, also eines Modells, das körperliche, psychologische und soziale Aspekte berücksichtigt.

Der Ausstieg aus der Sucht ist ein Prozess

Wer die Kontrolle über den eigenen Konsum zurückgewinnen will, durchläuft verschiedene Stadien. Die Änderung schreitet je nach Problembewusstsein und Motivation der Betroffenen, ihrer Ressourcen und der Ressourcen im Umfeld unterschiedlich voran.

Dieser Prozess ist zeitintensiv. Oft kommt es zu erneutem Konsum und zu Rückfällen. Das gehört zum Prozess.

Es ist ein schwieriger Weg, auf dem eine professionelle psychosoziale, psychotherapeutische oder medizinisch-therapeutische Begleitung wertvoll ist. Die Betroffenen müssen Ersatzstrategien entwickeln und wieder lernen, ohne Konsum zu leben.

Für einige psychoaktive Suchtmittel sind medikamentöse Behandlungen erhältlich, die das Risiko in Verbindung zum Konsum senken und beim Entzug helfen können; beispielsweise die Opioid-Agonisten-Therapie (OAT) bei Heroinabhängigkeit.