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Pflegefamilie werden

Pflegekind aus einer suchtbetroffenen Familie aufnehmen: eine Herausforderung

Je nach Ihrem Status als Pflegefamilie (Kriseninterventions-, Überbrückungs- und Dauerplatzierung, verwandte Pflegefamilie) ist Ihre Beziehung mit dem Kind ganz anders. In jedem Fall ist es eine c Herausforderung, ein Kind mit suchtbetroffenem Elternteil aufzunehmen. Die betroffenen Aspekte sind:

Zugang zu einer anderen «Normalität» ermöglichen

Mit der Aufnahme in Ihrem Haushalt wird das Kind mit Funktionsweisen konfrontiert, die anders sind, als was es von zu Hause kennt. Diese neue Erfahrung hinterfragt seine Vorstellung von Normalität: Was bei seinen Eltern normal oder üblich war, ist es bei Ihnen nicht und umgekehrt.

Dies betrifft unter anderem den Alkoholkonsum, aber auch Hygiene, Anstand, Ernährung, Kommunikation, Regeleinhaltung, Rituale usw.

Um diesen Übergang zu begleiten, ist es ratsam, dem Kind zu erklären, dass die beiden «Normalitäten» parallel bestehen. So lässt sich vermeiden, dass das Kind in einen Loyalitätskonflikt zwischen leiblicher und Pflegefamilie gerät. Bei Säuglingen ist darauf zu achten, dass diese parallelen Normalitäten und der Übergang möglichst behutsam erfolgen. In Ihrem Haushalt gelten Ihre Regeln und Sie definieren die Lebensart, die das Kind befolgen soll. Nehmen Sie sich die Zeit, um zu erklären, wie Ihr Leben als Familie abläuft. Laden Sie es dazu ein, sich daran zu beteiligen. Es wird sich allmählich an das neue Leben gewöhnen.

Ganz neue Situationen erleben

Trotz Ihrer Erfahrung als Eltern kann Sie die Herausforderung, die Sie mit Ihrem Pflegekind erleben, verunsichern.

Es zeigt möglicherweise Reaktionen, die Sie überraschen: Worte, die Sie verletzen, Gesten, die Sie schockieren, Haltungen, die Sie ohnmächtig machen. Sie beginnen, an sich und Ihrer Tauglichkeit zur Pflegefamilie zu zweifeln.

Es können auch unerklärliche Situationen eintreten. Ereignisse, die Sie von Ihren eigenen Kindern nicht kennen. Möglicherweise fühlen Sie sich hilflos.

Das ist völlig normal. Es ist nicht immer einfach, ein Pflegekind aufzunehmen, das die Sucht eines Elternteils miterlebt und möglicherweise unter Vernachlässigung und Gewalt gelitten hat. Schämen Sie sich nicht, wenn Sie Schwierigkeiten erleben. Deswegen sind Sie keine schlechten Pflegeeltern.

Bei Bedarf um Hilfe fragen

Wenn Sie in einer Krise stecken, bei einer Situation nicht mehr weiterwissen und Fragen haben, zögern Sie nicht: Suchen Sie die Hilfe, die Sie brauchen! Ihre Rolle als Pflegefamilie ist anspruchsvoll und manchmal brauchen Sie dabei Unterstützung.

Diese Website bietet Ihnen erste Hilfe. Unsere Tipps und konkreten Instrumente bieten Ihnen Lösungsansätze für Fragen wie :

Manchmal wird eine Situation auch komplexer. In diesem Fall ist es wichtig, Hilfe bei Fachleuten zu suchen. Hier finden Sie, was an Hilfsmitteln und Hilfsangeboten bereitsteht.

Mein Pflegekind ist mit mir verwandt

Sie sind mit Ihrem Pflegekind verwandt und gelten somit als verwandte Pflegefamilie. Es kann sich um einen Neffen, eine Enkelin, einen entfernten Cousin usw. handeln.

Verwandte Pflegefamilien

Die verwandtschaftliche Beziehung kann Einiges erleichtern: Sie kennen das Kind bereits und es besteht eine Vertrauensbeziehung. Es können sich aber auch zusätzliche Schwierigkeiten ergeben.

Sie sind jetzt Pflegefamilie, gehören aber auch zur Verwandtschaft des suchtbetroffenen Elternteils: Ihrer Tochter, Ihres Bruders, Ihrer Cousine usw. Damit ergeben sich für Sie widersprüchliche Gefühle.

Einerseits sind Sie für den Schutz Ihres Pflegekindes zuständig und müssen sich um dieses kümmern. Andererseits verspüren Sie möglicherweise den Wunsch, Ihrem oder Ihrer Verwandten zu helfen, damit es ihm oder ihr wieder bessergeht, die Kinderbetreuung wieder erhält und zu einem «normalen» Leben zurückfindet.

Diese besondere Situation kann Belastungen und schmerzhafte Gefühle verursachen:

  • Schuldgefühle
    Sie fühlen sich schuldig für die Trennung zwischen dem/der Verwandten und dem Kind sowie für die Belastung, die daraus entsteht. Vielleicht fühlen Sie sich sogar verantwortlich für die Sucht des/der Verwandten.
  • Wut
    Sie verübeln Ihrem/Ihrer Verwandten, dass er/sie sich nicht mehr um das Kind kümmern kann. Wegen ihm/ihr fällt Ihnen eine grosse Verantwortung für die Erziehung des Kindes zu.
  • Loyalitätskonflikt
    Es liegt Ihnen am Herzen, die Entwicklung des Kindes zu ermöglichen und die Massnahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zu befolgen. Zugleich möchten Sie das suchtbetroffene Familienmitglied manchmal schonen und ihm erlauben, das Kind zu sehen. Oder im Gegenteil das Kind schützen und verhindern, dass es diesen Elternteil sieht.

Diese Gefühle zu verspüren ist normal. Ihre Situation ist besonders sensibel. Zögern Sie nicht bei Bedarf Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Fachdienste sind da, um Ihnen Unterstützung zu bieten.

Tipps und Hilfe finden Sie auch auf unserer Website für Nahestehende von Menschen mit einem Suchtproblem.

Als verwandte Pflegefamilie erleben Sie eine besondere Herausforderung. Wie Ihr Pflegekind leiden auch Sie unter der Sucht Ihrer/Ihres Verwandten.

Hier ein paar Tipps:

  • Suchen Sie das Gespräch mit dem Kind.
    Sprechen Sie mit dem Kind über das, was Sie alle als Familie erleben. Reden Sie zuerst über Ihre eigenen Gefühle, um dieses heikle Thema anzuschneiden. Ehrliche und einfache Worte sind ein guter Anknüpfungspunkt. Verwenden Sie eine altersgerechte Sprache.
  • Behüten Sie das Kind vor Familienkonflikten.
    Genau wie Ihr Pflegekind haben auch Sie Ihre eigene Geschichte mit dem suchtbetroffenen Familienmitglied. Diese Unterschiede sollten unbedingt geachtet werden.
  • Bekräftigen Sie die gesetzten Grenzen.
    Die verwandtschaftliche Beziehung kann den suchtbetroffenen Elternteil verleiten, trotz der Vorgaben der Kinderschutzbehörde starke Präsenz zu markieren. Sie dürfen ihn an die gesetzten Grenzen erinnern.
  • Hilfe in Anspruch nehmen.
    Hilfe für sich. Aber auch für Ihre/n Verwandte/n. Es ist in jedem Fall wichtig, dass Sie an sich denken und sich an Ihre Kinderschutzbehörde wenden, die Sie in der Situation begleitet.