Eine komplexe Familienkonstellation
Als Pflegefamilie stehen Sie im Zentrum einer komplexen Familienkonstellation, zu der Ihr Pflegekind, die leiblichen Eltern und Ihre eigene Familie gehören. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen diesen Beziehungen aufrecht zu erhalten, ist nicht einfach.
Damit dies möglichst harmonisch erfolgen kann, kommt es stark auf Ihre Haltung an.
Flexibiltät und Offenheit
Sie und Ihr Pflegekind
Wenn Ihre Haltung ausreichend Sicherheit und Liebe vermittelt, kann sich das Pflegekind optimal entwickeln. Dazu ist Folgendes wichtig:
- Nehmen Sie es an, wie es ist.
Mit seinen Gefühlen, seiner Geschichte, seinen Fragen. - Beruhigen Sie das Kind.
Es ist mit dieser Situation nicht allein und es trägt keine Schuld daran. Es hat andere Menschen, die versuchen, sich um seine Eltern zu kümmern und ihnen zu helfen. - Achten Sie auf Anzeichen.
Gewisse Anzeichen deuten darauf hin, dass das Kind spezielle Hilfe braucht: Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Hyperaktivität, Wachstumsverzögerung, Angstzustände, Depression, Isolation, Verhaltensstörungen, schulische Probleme usw. Sprechen Sie mit Ihrer Bezugsperson bei der Kinderschutzbehörde und/oder kontaktieren Sie eine Fachstelle. - Vertrauen Sie dem Kind.
Abgesehen von den obengenannten Anzeichen ist es wichtig, den Entwicklungsrhythmus des Kindes zu respektieren. Es hilft nicht, sein Verhalten ständig zu überwachen.
Sie und die leiblichen Eltern Ihres Pflegekindes
In den meisten Fällen haben Sie als Pflegefamilie sehr wenig Information über die leiblichen Eltern und ihre Gesundheit. Möglicherweise lernen Sie sie durch Erzählungen des Kindes kennen. Was es Ihnen erzählt, kann aber von der Wirklichkeit abweichen.
Trotz allem ist es wichtig, den leiblichen Eltern und generell der Herkunftsfamilie gegenüber eine wohlwollende, achtungsvolle Haltung einzunehmen. Dazu raten wir Ihnen:
- Den leiblichen Eltern einen Platz einräumen:
Reden Sie im Gespräch mit dem Kind achtungsvoll über sie. Achten Sie darauf, dass sie ihren Platz als leiblichen Eltern trotz der Platzierung behalten. Akzeptieren Sie beispielsweise, wenn das Kind in seinem Zimmer ein Bild der Eltern aufhängen will. - Den Vergleich vermeiden zwischen den Erziehungsmethoden der leiblichen Eltern und Ihnen.
- Eine nicht verurteilende Haltung einnehmen,
was die Sucht der Eltern und deren Folgen anbelangt. Denken Sie daran: Sucht ist eine Krankheit.
In der Praxis kann eine solche Haltung schwierig sein, gerade wenn das Kind unter der Beziehung zum betroffenen Elternteil leidet und Sie in der Folge mitleiden. In solchen Fällen kann es wichtig sein, Hilfe zu suchen, um zu sich selbst zu schauen und sich um den eigenen Schmerz zu kümmern.
Wenn Sie sich dem Elternteil gegenüber wohlwollend und achtungsvoll verhalten, ermöglichen Sie eine gute Eltern-Kind-Beziehung. So tragen Sie zu einer Verbesserung der gesamten Situation und zum Wohlbefinden Ihres Pflegekindes bei.
Wenn die Situation kompliziert wird (Elternteil wird aggressiv, übt Druck aus), kann Ihnen Ihr/e Sozialarbeiter/in weiterhelfen. Die Bedingungen für den Kontakt mit den Eltern können angepasst werden (Beisein einer Drittperson, Vermeiden von direkten Kontakten usw.).
Sie und Ihre eigene Familie
Wenn Sie eigene Kinder haben, verändert ein Pflegekind das Gleichgewicht in Ihrer Familie. Möglicherweise reagieren Ihre Kinder und beanspruchen Sie zusätzlich, um die Aufmerksamkeit, die Sie dem Pflegekind leihen, zu kompensieren. Dies kann zu Spannungen und Eifersucht führen, und die Akzeptanz des Pflegekindes erschweren.
Es ist nötig, dass Sie mit Ihren Kindern über die Situation reden:
- Erklären, warum das Kind in eine Pflegefamilie kommt.
Es hat einen Elternteil mit einer Sucht. Das ist eine Krankheit. Diese Krankheit führt dazu, dass er sich im Moment nicht um sein Kind kümmern kann. Mehr dazu erfahren Sie in der Rubrik Suchtbetroffene Eltern. - Allfällige Reaktionen des Pflegekindes erklären.
Die Krankheit seiner Eltern hat Auswirkungen auf das Kind. Es leidet und kann heftig oder überraschend reagieren. Sie als Pflegeeltern sind da, um ihm zu helfen und es zu unterstützen. - Zeit mit Ihren Kindern einplanen,
auch wenn es ihnen scheinbar gut geht. Diese Zuwendung beruhigt sie und bestätigt ihren Platz in der Familie.